Mittwoch, 28. Mai 2014

Was kann ICH denn schon tun?

Dieser Beitrag richtet sich an DICH und an MICH. Ich will DIR und MIR vor Auge führen, was jeder Einzelne von uns machen kann, damit die Welt zu einem besseren Ort für UNS und für unsere Kinder wird. Ich höre viele Stimmen, die sich fragen: Was kann ICH denn schon tun? DIE machen doch eh was DIE wollen. Nun, wie sich bei der Recherche zu diesem Beitrag gezeigt hat, gibt es eine Menge was WIR tun können. Ich nehme mich da auch selbst nicht heraus und möchte auch nicht wie ein Moralapostel wirken, denn ich fange gerade auch erst an AKTIV zu werden, obwohl ich dies schon viel früher machen wollte. Der schwierigste Schritt ist immer der erste Schritt, da wirst DU mir sicher Recht geben. Nachfolgend zeige ich DIR eine Reihe von Möglichkeiten, die sich anbieten. Einige dieser Vorschläge habe ich bereits umgesetzt, andere werde ich nach und nach in Angriff nehmen. Ich bitte DICH darum, diese Liste zu ergänzen und falls DU der Meinung bist, dass hier etwas Fehl am Platz ist, dann berichte mir davon. Auf geht's!



  • Du solltest Dein Denken und Handeln stets hinterfragen, denn niemand ist allwissend! Erweitere Deinen Horizont, in dem Du Bücher liest zu Themen, die Dich interessieren, aber auch zu Themen, denen Du eigentlich kritisch gegenüber stehst. Nur so prüfst Du wirklich alle Argumente, denn oftmals argumentieren Menschen mit Halbwissen, das sie beispielsweise aus den gängigen Leitmedien "erfahren" haben. Es gibt immer die zweite Seite der Medaille! 


  • Bilde Dich weiter statt abends vor dem Fernseher oder der Konsole "abzuschalten". Wenn Du das tust, dann lässt Du AKTIV die Gehirnwäsche zu, mit der man uns jeden Tag bombardiert. Du kannst natürlich auch informative Dokumentationen und Reportagen anschauen und die Inhalte mit Menschen teilen.


  • Dieser Schritt führt Dich zu der Erkenntnis, dass vieles schief läuft heutzutage. Vielleicht bist Du aber jemand, der das Spiel schon durchschaut hat und jetzt nach Lösungen sucht. Auf die kommen wir gleich zu sprechen, jedoch würde ich gerne loswerden, dass man sich trotzdem weiter über die uns versklavenden Mechanismen informieren sollte, damit man stets auf dem Laufenden bleibt. Denn die Propaganda schläft nicht und versucht ihrerseits neue Reize zu setzen. Wichtig ist es ebenso die Fakten nicht zu ignorieren, sondern aktiv zu diskutieren - wer nach dem "Scheiss-egal"-Prinzip handelt, wird auch keine Motivation verspüren AKTIV gegen Missstände aufzustehen. 


  • Um sich wirklich zu informieren, solltest Du nicht gerade die Massenmedien zur Informationsbeschaffung verwenden, die nachweislich Lügen verbreiten. Die Medienvielfalt, die man uns suggeriert, ist in Wahrheit eine Illusion. Du weisst doch längst, dass diese Medien Dir nicht die Wahrheit erzählen, warum informierst Du Dich noch durch sie? Ich plädiere für einen Boykott dieser Medien, denn durch das Einschalten der Nachrichten, das Aufrufen ihrer Internetpräsenz oder das Kaufen ihrer Zeitungen und Magazine geben wir ihnen eine Legitimation und halten sie am Leben. Stattdessen kannst Du unabhängige Medien unterstützen, denn es gibt noch integren Journalismus und dieser muss gefördert werden. Ich werde an dieser Stelle keine Werbung für bestimmte Portale oder Zeitschriften machen, falls Du aber Interesse hast, kannst Du mich gerne kontaktieren.


  • Wir leben im Informationszeitalter des Internets und das Internet ist ebenfalls ein "Ort" an dem Du eine Wandlung erleben kannst. Du kannst beispielsweise eine andere Suchmaschine als Google benutzen. Google ist ein riesiger Konzern, der Deine Daten nachweislich an Unternehmen verkauft. Es gibt Alternativen, die es wert sind, sie genauer zu untersuchen! Hinzu kommt die Möglichkeit durch Online-Petitionen von Deiner Stimme Gebrauch zu machen. Dies dauert keine 5 Minuten und du kannst die verschiedensten Ideen unterstützen - bequem vom Schreibtisch aus. Hier ein aktuelles Beispiel für das TTIP-Handelsabkommen.


  • Das Internet bietet Dir zahlreiche weitere Möglichkeiten. Du kannst wichtige Informationen oder Artikel in sozialen Netzwerken liken und teilen statt diese einfach nur selbst zu lesen. Es ist wichtig, dass wir die Stärken dieser Plattformen voll ausnutzen und die Informationen flächendeckend verteilen. Dies wird ermöglicht durch das Jeder-kennt-jeden-Gesetz, welches besagt, dass alle Personen eines Netzwerks sich über 6 Ecken kennen. Merkst Du jetzt wie wichtig die Verbreitung von Informationen auf Facebook und co. ist? Du kannst auch weiter gehen und Material verteilen, in dem Du informative Artikel ausdruckst und in der Bahn, Kantine oder auf öffentlichen Plätzen verteilst und auslegst. Zudem kannst Du heute relativ einfach einen eigenen Blog betreiben und auf diesem Themen behandeln, die Dir wichtig erscheinen. Du kannst hierbei auch einfach über Deine Talente schreiben und anderen Menschen Tipps geben, wenn Du beispielsweise ein talentierter Zeichner oder Zeichnerin bist. Du kannst Produktseiten öffentlich anschreiben - z.B. durch Facebook - und von ihnen fordern, dass sie endlich im Sinne des Volkes, der Verbraucher und der Umwelt handeln. Du kannst Politiker anschreiben und somit öffentlich Kritik äußern. Hierbei solltest Du keine Angst vor möglichen Konsequenzen haben, denn Deine Stimme zu erheben ohne sofort erschossen zu werden, ist ein Privileg welches wir hier in der westlichen Welt nun einmal haben und wir sollten auch Gebrauch davon machen! Wir müssen wie ein Schwarm sein, ohne erkennbare Führung und mit absoluter Gleichberechtigung! Jeder einzelne Mensch, den man so über das Internet erreicht, ist wichtig und kann ein Multiplikator werden! Schließlich möchte ich Dir eine Seite ans Herz legen, in der Du Dich mit anderen Menschen aus Deiner Region vernetzen kannst und über das Forum Hilfe suchen oder auch Hilfe annehmen kannst. Die Seite nennt sich WIRkarte, schau einfach mal rein.


  • Ein weiterer wichtiger Punkt ist der Besuch bzw. die aktive Teilnahme an Demonstrationen. Hierbei ist nicht nur der Gebrauch Deiner Stimme ausschlaggebend, sondern das Treffen mit Gleichgesinnten. Bei einer Demonstration kannst Du Menschen kennenlernen, die ähnlich denken und ebenfalls mit den Verhältnissen unzufrieden sind wie Du. Zudem zeigst Du Präsenz auf der Straße, denn nur so erreichst Du auch Menschen, die möglicherweise in keinem sozialen Netzwerk aktiv sind. Außerdem kannst Du neue Informationen erhalten oder einfach Freundschaften schließen und möglicherweise einen Dienst zur Nachbarschaftshilfe leisten.


  • Konsum einschränken! Wir müssen dem System unsere Kaufkraft entziehen und zeigen, dass wir den Unsinn von immer mehr Wachstum nicht mehr mitmachen und dass dies nicht in unserer Natur liegt. Kaufe nur das, was Du wirklich brauchst. Du musst Dir nicht alle zwei Jahre ein Handy aufschwätzen lassen. Dein Fernseher tut auch noch die nächsten drei Jahre - vor allem wenn Du ihn nicht so oft einschaltest. Du musst auch nicht immer Neuware kaufen, Second-Hand tut es auch und damit unterstützt Du auch mittelständische Geschäfte. Wenn etwas kaputt ist, musst Du es nicht sofort wegschmeissen. Versuche es doch mal zu reparieren oder wenn Du es nicht kannst, an jemanden zu geben, der es tut. Nähe auch mal Deine Kleidung, falls sie ein kleines Loch hat, anstatt zum nächsten Modegeschäft zu rennen und Dir die neuesten und hippen Gewänder zu kaufen. Prüfe nach, ob ein Produkt von bestimmten Konzernen in Billiglohn-Ländern produziert wird, bevor Du es kaufst. Sei kritisch!


  • Kaufe keine Platiktüten beim Einkauf, sondern denke vor und nimm ein paar Stofftüten mit, die man öfter verwenden kann und die biologisch schneller abbaubar sind als Platiktüten. Wenn das jeder von uns macht, wird automatisch weniger Plastik produziert. Versuche so wenig Müll wie möglich zu produzieren und verzichte auf aufwendig verpackte Produkte. Sei ein Beispiel für Deine Mitmenschen und trenne Müll richtig, so dass beim Recyclen weniger Ressourcen verloren gehen bzw. gebraucht werden, um den Müll später zu trennen. Entrümpel Deinen Keller und trenn Dich von unnötigem Ballast. Horte keine Dinge, die Du sowieso nicht brauchst - denn (zu viel) Besitz macht nicht frei, sondern hält Dich gefangen. Lerne Dich von der Konsum- und Besitzgesellschaft unserer Zeit zu befreien!


  • Die nächsten Punkte werden etwas ausführlicher - es geht um Nahrung. Um lange und ressourcenfordernde Transportwege zu vermeiden, kannst Du es in Erwägung ziehen saisonal zu essen. Erdbeeren aus Spanien im Winter? Come on! Das muss nun wirklich nicht sein. Menschen in früheren Zeiten hatten genau diesen Jahreszeiten bedingten Rhythmus und das entspricht doch mehr den natürlichen Abläufe, findest Du nicht auch? So gibt es etwa die Möglichkeit saisonale Gemüsekisten zu bestellen oder auch regional beim Bauern in der Nähe einzukaufen. Diese Produkte sind oftmals hochwertiger als ihre Pendants im Discounters, da es nicht zu einer Manipulation durch Pestizide und Wachstumshormonen kommt - zumindest nicht in dem Ausmaß, der in Massenzuchthäusern stattfindet. Dies ist natürlich teurer als die Lebensmittel im Supermarkt, aber beim Essen sollte man nicht sparen, wie ich finde. Somit unterstützt Du direkt Kleinbauern und entziehst Dich dem durch Großkonzerne wie Monsanto dominierten weltweiten Agrarmarkt. Einen Hofladen bei Dir in der Nähe findest du HIER. Des Weiteren solltest Du in Erwägung ziehen, Fairtrade-Marken zu unterstützen - beispielsweise bei Kaffee. Das ist sicherlich auch teurer als der "Billig"-Kaffee, jedoch ist es nur fair! Wem das egal ist, dem sei gesagt, dass man durch billigen Kaffee DIREKT die Abzocke von den Plantagenarbeitern und ebenso Kinderarbeit unterstützt. Lieber etwas weniger Kaffee trinken aber dafür guten und fair bezahlten - das hilft auch der eigenen Gesundheit. Sicherlich gibt es Abzocker bei diesen Fairtrade- und Biomarken, jedoch liegt es in Deiner Hand Dich darüber zu informieren und die Deiner Meinung nach richtige Wahl zu treffen. Bio ist nicht automatisch gleich Bio!


  • Ein Plädoyer für Vegetarismus habe ich schon gehalten, falls Dich das Thema beschäftigt - Material gibt es genug. Für Fleischesser sei an dieser Stelle gesagt, dass es möglich ist direkt beim Bauer Fleisch zu erwerben - dabei kann man sich auch anschauen, wie die Tiere gehalten werden. Ein höherer Preis für das Fleisch als im Discounter sollte auch hier selbstverständlich sein. Auf Besuche von Fast Food-Restaurants wie Crack Donalds und Murder King solltest Du weitesgehend verzichten - dieses Essen ist nachweislich absolut ungesund, bietet überhaupt keinen Nährwert und holzt den Regenwald schneller ab als alles andere! Falls Dir also die Lungen unseres Planeten etwas bedeuten, dann verzichte und kaufe dort nicht einmal einen Salat oder einen Veggie-Burger - dadurch unterstützt Du den Konzern ja trotzdem!


  • Autark leben als Ideal: Vielleicht fragst Du Dich was das sein soll - nun, es ist eine Lebensweise, in der man sich selbst versorgt durch eigenen Gemüse- und Obstanbau beispielsweise. Dazu musst Du keinen großen Garten besitzen, es reicht ein kleiner Balkon oder eine Terrasse. Im Internet findest Du viele hilfreiche Anregungen und Tipps unter: Urban Gardening, Guerilla Gardening, Saatbomben, Salatbaum, usw. Es gibt beispielsweise vertikales Gärtnern (auch HIER zu sehen), Window Farming oder Indoor Farming von Kräutern. Zusätzlich kannst Du auch Wildpflanzen wie Löwenzahn, Brennnesseln (leckerer Tee) oder Holunder sammeln und diese verarbeiten bzw. es lernen diese zu verarbeiten. Ich habe letztens auch damit angefangen und versuche mich darin weiterzubilden. Meine Eltern haben einen Strebergarten und bauen dort sehr viel Gemüse, Obst, Kräuter und Kartoffeln an. Diese Lebensmittel sind um einiges vitaler als aus dem Supermarkt - so viel ist sicher! Hier einige Bilder von meinen Gartenversuchen, die ich mit meiner Freundin zur Zeit hege und pflege:

Kartoffeln in einem einfachen Plastikeimer - besser in einem Holzfass

Lauchzwiebeln in einem Blumenkasten für Balkons

Kohlrabi und Paprika in einem Blumenkasten für Balkons

weiße Behälter: Tomaten, brauner Behälter: Buschbohnen

  • Es gibt auch eine ganz gute Website mit den Standorten von Wildpflanzen und -obst in Deiner Umgebung. Des Weiteren empfiehlt es sich Obst und Gemüse einzulagern/ einzukochen bzw. einzufrieren, so dass man auch im Winter nicht saisonal essen kann. Hierbei gehen zwar einige Vitamine verloren, aber es ist besser als im Winter gespritztes Gemüse aus Mega-Gewächshäusern kaufen zu müssen. 
  • Glas durch Plastik ersetzen kann ich Dir nur wärmstens empfehlen, besonders bei Wasser. Dieses hat so einen viel besseren Geschmack und es gelangen auch keine Nano-Plastikpartikel in Deinen Organismus.
  • Bei Elektrogeräten, Möbeln und Stoffen solltest Du auf eine gute Qualität und damit verbundene lange Haltbarkeit achten. Wenn man nicht so viel Geld hat, dann sollte man eher in gebrauchte Dinge mit guter Qualität investieren, als in Billigwaren, die in Ländern mit Niedriglöhnen und Menschenausbeutung hergestellt werden.


  • Benutze für kurze Strecken ein Fahrrad oder gehe zu Fuß anstatt den Motor Deines Autos anzuwerfen. Überhaupt sollte man sich die Frage stellen, ob ein Auto wirklich notwendig ist - vor allem in Großstädten mit ausreichend ausgebautem öffentlichen Verkehrsnetz.
  • Der Konsum von Pharma-Artikeln sollte ebenfalls umgehend überdacht werden. Es ist sinnvoller sich mit pflanzlichen Mitteln/ einfachen Hausmitteln zu befassen als seinem Organismus noch weiter Schadstoffe zuzuführen.
  • Um Strom zu sparen ist es ratsam alle elektrischen Geräte aus der Steckdose zu ziehen wenn man diese nicht benutzt. Das tut nicht nur dem eigenen Geldbeutel gut, sondern auch den Ressourcen des Planeten. Dasselbe gilt natürlich für Wasser - Wasser kannst Du immer sparen, ob beim Zähne putzen, duschen oder Geschirr spülen.
  • Ich weiss, dass viele Menschen gerne sehr viel Sport machen. Doch in letzter Zeit artet das bei einigen sehr aus. Sport ist sehr wichtig, man sollte regelmäßig Sport treiben. Aber der Fitnesswahn, dem viele Menschen erliegen, ist sehr merkwürdig. Spüre die Verbundenheit zu Deinem Körper, aber übertreibe es nicht, in dem Du ihn drillst! Folge keinen falschen Idealvorstellungen, die uns in der Gesellschaft präsentiert werden - von Magermodels zu Muskelmännern. Bringe Dich in Einklang - vernachlässige und vergesse vor lauter Fitnesswahn nicht Deine emotionalen Aspekte! Ein sehr interessantes Video hierzu. Meditiere und gehe in Dich, denn wahrer Frieden kommt von Innen und in der Ruhe liegt die Kraft. Beschäftige Dich doch mal mit den großen Fragen: Wer bist Du? Woher kommst Du? Wohin gehst Du? Befreie Dich hierbei aber von dogmatischen Religionen und falschen Wertvorstellungen. Die einzige Wahrheit liegt in Dir und sonst nirgendwo!


  • Schätze jedes Leben, so klein und unbedeutend es auch scheinen mag! Verzichte doch einfach auf Produkte von Unternehmen, die nachgewiesenermaßen auf Tierversuche setzen. Hier eine kleine Auflistung. Unsere Devise sollte lauten: BEWUSSTER LEBEN!
  • Es gibt noch viele weitere spannende Projekte, die bereits jetzt schon Anwendung finden: Regionale Währungen, Gemeinschaftsgärten, alternative Energien, Re-Skilling, lokale Wirtschaft stärken. Eines davon ist Transition Town. Dabei geht es vor allem um Dezentralisierung - dem Gegenteil was wir heute weltweit erleben, nämlich die Zentralisierung:


  • Als wichtig erachte ich es auch, dass man frisch aufgeweckte Menschen nicht bremsen, verwirren  oder kritisieren sollte. Jeder Mensch "wacht" in seinem eigenen Tempo auf - es handelt sich hierbei nicht um einen Wettbewerb! Wir müssen uns gegenseitig unterstützen und brauchbare Tipps geben. Es nützt niemandem, wenn wir uns gegenseitig fertig machen und in Konkurrenz miteinander leben, so wie uns die Gesellschaft dazu trimmt! Jeder kann von jedem lernen! 
  • Du stehst nicht alleine da, es gibt Millionen, die so denken und fühlen wie Du, die gerne ein anderes Leben führen würden. Du darfst nicht weiter glauben, dass Du allein nichts ausrichten kannst! Das stimmt einfach nicht! Jeder einzelne kann etwas beitragen, dann ist der Wandel da! Hege auch keinen Hass gegen diejenigen, die uns unterdrücken und versklaven wollen. Gegen diejenigen, die Kriege führen und auch noch Profit daraus schlagen! Hasse nicht, denn wir nicht geliebt wird, hasst! Nur wer nicht geliebt wird, hasst!


  • Schließe auch keine Kinder von diesem Wandel aus, denn die Kinder brauchen diese Veränderung erst recht. Lehre sie was Recht und Unrecht ist, zeige ihnen eine andere Perspektive auf das Leben als sie in der Schule lernen. 
  • Anstatt gegen das System zu sein, sollten wir etwas neues aufbauen. Dies setzt kreative Energie ins uns frei! Buckminster Fuller hat diese Idee vorgelebt, in dem er kreativ und naturnah konstruiert hat - von Autos bis hin zu Gebäuden. Ihm verdanken wir auch dieses Zitat:
"Man schafft niemals Veränderung, in dem man das Bestehende bekämpft. Um etwas zu verändern, baut man neue Modelle, die das Alte überflüssig machen."


  • Aber vor ALLEM: Zeige wieder Menschlichkeit! Das ist mit das Wichtigste, was Du tun kannst. Leg Deine eventuell vorhandene Gleichgültigkeit an Mensch, Tier und Umwelt ab und zeige Dich verantwortlich. Sei hilfsbereit, aufmerksam, freundlich und respektvoll im Umgang mit anderen und auch Dir selbst. Halte Dich an Menschen, die Dir nahe stehen, versöhne Dich mit Deinem Nachbarn und gehe nicht an Fremden vorbei, die Hilfe brauchen. Gebe Obdachlosen etwas ab - es nimmt Dir persönlich nur wenig weg, aber gibt so viel! Lache Menschen nicht aus, wenn sie etwas falsch machen, sondern biete Deine Hilfe an, um zu zeigen, wie es besser gehen könnte. Schau niemals auf Menschen herab, außer Du hilfst ihnen beim Aufstehen. Nimm ein Ehrenamt an, wenn es Deine Zeit zulässt. Lege Vorurteile ab, bekriege nicht, sondern schließe Frieden. Wer streitet, der zeigt nur den Frust, den er selber in sich hat - sonst nichts! Es ist absolut unnötig und vergiftet das Klima unter uns nur unnötig. Bringen wir jedem Menschen zunächst einmal Wertschätzung entgegen - nur dann werden wir alle gemeinsam eine Wertschöpfung haben können! Lasse Deine negativen Gefühle weg und konzentriere Dich auf die Lösung:


"Wenn viele kleine Leute an vielen kleinen Orten viele kleine Dinge tun, können sie das Gesicht der Welt verändern." (afrikanisches Sprichwort) 

Diese Liste ist bei weitem nicht vollständig, ICH würde mich freuen, wenn DU noch Input hast. :-)

Dienstag, 20. Mai 2014

Gastbeitrag: Stefan Korinth - Die nützliche Erfindung der "Pro-Russen"

Zum Gastbeitrag


Seit Beginn des Ukraine-Konflikts zeigen die deutschen Medien mit dem Finger auf Moskau. Innerukrainische Erklärungen für den Konflikt spielen hingegen kaum eine Rolle. Als nützlichste Medien-Erfindung erweisen sich dabei die "Pro-Russen"

Die Konfliktparteien in der Ukraine als "pro-russisch" und "pro-westlich" zu bezeichnen, hatte sich seit Beginn der Auseinandersetzung medial eingebürgert. Jedoch beschreiben solche Begriffe die beiden Lager mit all ihren Ausprägungen und inneren Widersprüche nur ungenügend und zum Teil auch falsch. So war Janukowitschs Politik lange positiv auf die EU ausgerichtet und Brüssel galt er als legitimer Verhandlungspartner. Wohingegen die Partei Swoboda und andere rechtsradikale Gruppen lieber eine national-souveräne als eine europäisch-integrierte Ukraine wollen. Schon im Dezember 2013 konnten diese Dinge jedem Journalisten mit ein wenig Recherche klar sein.

Statt "pro-russisch" und "pro-westlich" haben sich in der Ukraine denn auch ganz andere Bezeichnungen für die Konfliktparteien etabliert: Euro-Maidan und Anti-Maidan. Diese Begriffe nutzen hiesigen Medien jedoch kaum, hätten sie doch zur Folge, sich genauer mit den Gruppen beschäftigen zu müssen.
Als Viktor Janukowitsch aus der Ukraine flüchtete, begann ein neues Kapitel in dem Konflikt. Für jeden ersichtlich, hatten die Euro-Maidan- und die Anti-Maidan-Bewegung nun die Rollen getauscht.[1] Die einen sitzen seitdem an den Schalthebeln der Macht, die anderen haben sich in ihren Regionen bewaffnet, öffentliche Gebäude besetzt und Barrikaden gebaut – geradezu ein Spiegelbild der Situation von Dezember bis Februar. [2] Auch die internationalen Unterstützer beider Seiten drehten ihre Argumentation jeweils um 180 Grad.

Ukrainer werden zu Pro-Russen

Doch seit diesem Moment gilt das Ganze nicht mehr als Auseinandersetzung zweier inländischer Konfliktparteien, die jeweils mächtige ausländische Regierungen hinter sich wissen. Medien konstruieren stattdessen, dass Russland gegen die Ukraine kämpft.[3] Egal ob bewaffnet oder friedlich - aus ukrainischen Regierungsgegnern werden so pauschal "Pro-Russen".
Bildsprache: Foto-Montagen in TV-Sendungen konstruieren gern Duelle zwischen Russen und Ukrainern. Der als seriös geltende Dokumentationskanal Phoenix stellt dabei in tendenziöser Weise vermummte bewaffnete Russen und lächelnde junge Ukrainer gegenüber. Bilder: Screenshots der Sendungen Maybrit Illner (8. Mai) und "Phoenix vor Ort" (14. Mai)
Doch die Identität dieser "pro-russischen Kräfte" bleibt auch medial im Ungefähren. Vielleicht sind sie aus dem großen Nachbarland eingesickert, um für ein imperiales Großreich zu kämpfen? Vielleicht sind sie ethnische Russen, die in der Ukraine leben und der russischen TV-Propaganda alles glauben? Nur eins dürfen sie nicht sein: Bewohner der Ukraine mit dem berechtigten Anspruch, Akteure innerukrainischer Debatten zu sein.
Für Spiegel-Autorin Christiane Hoffmann sind die Bewaffneten dort "Gesindel"[4], für Welt-Kommentator Florian Eder "als einheimische Demonstranten verkleidete Unruhestifter"[5] und für ZDF-Korrespondentin Katrin Eigendorf einfach "Terroristen"[6]. Die Bewaffneten in der Westukraine bezeichnete kein Journalist so. Ganz klar: Professionelle Neutralität geht anders.
Hiesige Medien berichten aber auch über friedliche Regierungsgegner im Osten und Süden der Ukraine so, als wenn diese dort Fremdkörper oder Ausländer wären. Aus zahllosen Berichten trieft es: verblendete Sowjetnostalgiker, leichtgläubige Propaganda-Opfer, Putin hörig, grundlos hysterisch. Die Ängste, Anliegen und politischen Vorstellungen dieser Ukrainer sind damit nicht mehr legitim. "Moskau-nah", "pro-russisch", "kreml-treu" – wer gegen die neue Regierung ist, muss in vielen deutschen Journalistenaugen für Putin und den Zerfall der Ukraine sein.[7]

Tendenziöses Argumentieren leicht gemacht

In deutschen Medien heißt es nicht Euro-Maidan gegen Anti-Maidan, sondern Ukraine gegen Russland. Das geht zwar an der Realität vorbei, denn der Konflikt ist zuallererst ein innerukrainischer, doch hat ein Duell Kiew gegen Moskau für parteiische deutsche Journalisten viele Vorteile:
Mit den sozialen, politischen und wirtschaftlichen Spannungen innerhalb der Ukraine brauchen sie sich nun erst recht nicht auseinanderzusetzen. Handlungen der neuen Regierung wie etwa die Entlassung tausender Staatsangestellter, die Wiedereinführung der gerade abgeschafften Wehrpflicht oder die Erhöhung der Energiepreise für Privathaushalte müssen nicht näher besprochen werden.
Die Ukraine können sie als eigentlich geeintes Land darstellen, das letztlich nur von außen destabilisiert wird. Das wertet gleichzeitig die Maidan-Bewegung als "vom ganzen Volk getragen" auf und nimmt die privaten bewaffneten Regierungsunterstützer aus dem Blick.
Den "Westen" (EU, USA) können deutsche Journalisten als Partei mit Ambitionen und als in der Ukraine tätigen Akteur völlig heraushalten. Noch besser: Die verbündeten Regierungen des transatlantischen Raums werden als "die internationale Gemeinschaft"[8] – mithin als überparteiischer, besorgter Beobachter mit legitimen Eingriffsrechten präsentiert.
Medial kann nun Wladimir Putin für alle Aktionen der Pro-Russen direkt verantwortlich gemacht und alle Widersprüche zwischen beiden als Verlogenheit Putins charakterisiert werden.
Und schließlich können Journalisten ihren moralischen Kompass durch die Erfindung der Pro-Russen ganz neu einstellen. Die Übergangsregierung hat nun selbstverständlich das Recht, sich mit militärischer Gewalt zu verteidigen, sie wird ja – anders als Janukowitsch – von außen attackiert. Sie setzt ihre Armee und die sogenannte Nationalgarde eben nicht gegen Ukrainer ein, sondern gegen (Pro-)Russen, die das Land spalten wollen. Diese zu töten gilt dann als akzeptabel.

Behauptungen statt Beweise

Selbst die Vorsilbe "pro" erscheint so manchem Medienschaffenden überflüssig.[9] Deutlich macht dies vor allem die wie ein Faktum behandelte Annahme, dass russisches Militär vor Ort agiert. Anders als auf der Krim, wo etwa Lastwagen der russischen Armee gefilmt wurden, gab es in den restlichen Teilen der Ukraine keinen stichhaltigen Beweis für Streitkräfte aus dem Nachbarland. Es ist sehr wahrscheinlich, dass Belege hierfür schon lange den Weg in die Öffentlichkeit gefunden hätten, wenn es sie gäbe.
Was es gibt, sind Indizien bei der Bewaffnung einiger Kämpfer[10], fragwürdige Hinweise auf einen bärtigen Mann[11] und auf einen uniformierten Schauspieler.[12] Selbst der in mehreren transatlantischen Clubs tätige FAZ-Kommentator Klaus-Dieter Frankenberger spricht in diesem Zusammenhang lediglich von "Gerüchten" und "Vermutungen" gegen Russland.[13] Tatsächlich wissen die deutschen Medien nichts darüber, ob russische Militärangehörige getarnt als "Separatisten" in der Ukraine aktiv sind.

Argumentations-Basis: Unterstellungen

Trotzdem ist diese Behauptung unverrückbare Grundlage so ziemlich jeder journalistischen Argumentation gegen Russland. So werden etwa mediale Forderungen nach mehr Sanktionen einzig und allein mit der "Destabilisierung"[14] der Region durch Russland begründet.[15] Ohne Beweise ist die mediale Rechtfertigung für immer neue Sanktionen zutiefst unaufrichtig und unprofessionell. Es entsteht der Eindruck, deutsche Medien besorgen aus nationalen Reflexen heraus das Geschäft von Regierungen und Lobbygruppen, die sie doch eigentlich als selbst ernannte "Vierte Gewalt" kontrollieren wollen.
Auf die naheliegende Idee, dass sich die Bewaffneten aus desertierten ukrainischen Soldaten, einheimischen Tituschki-Banden und früheren Berkut-Polizisten[16] rekrutieren, will kein deutscher Journalist kommen.[17]Viele dieser Kämpfer haben sowohl die nötige Ausbildung als auch Zugang zu Waffen. Schließlich wurden zahlreiche Depots in Polizeistationen und Kasernen sowie Waffengeschäfte geplündert.[18] Was aber noch wichtiger ist, diese Leute haben auch die notwendige Wut und Motivation gegen anrückende westukrainische Truppen Schusswaffen einzusetzen. Immerhin löste die neue Regierung die Sonderpolizei Berkut noch Ende Februar auf.[19]
Dass es sich bei den ostukrainischen Regierungsgegnern (offizielle Sprachregelung "pro-russische Separatisten") aber auch um unbewaffnete Zivilisten handelt, zeigen mehrere Videos.[20] Dort ist zu sehen, wie Einwohner mit Zivilcourage versuchen, anrückende Panzer zu stoppen, indem sie sich ihnen in den Weg stellen. In deutschen Medien herrscht ein seltsames Schweigen hierzu. Und wenn, dann wird eher abfällig über die Zivilisten berichtet.[21] Wie würden solche Szenen kommentiert, kämen sie aus dem Iran, aus China oder Venezuela?

Prinzipien je nach Gusto

Zur Erinnerung: Wenn zu Zeiten des Euro-Maidan auch nur ein gepanzertes Polizeifahrzeug in Kiew zu sehen war, sprach so mancher deutsche Journalist von rollenden Panzern Janukowitschs gegen die eigene Bevölkerung. Ein zweites Tian’anmen oder die Wiederholung der Prager Ereignisse von 1968 deuteten sich an.[22] Nun schickt die neue Regierung tatsächlich ihre Armee gegen Einwohner des Landes. Und die Medien? Sie übernehmen fast eins zu eins Wortwahl und Standpunkt der Kiewer Staatsführung.[23] Grundsätzliche Kritik gibt es nicht.[24]
Ganz im Gegenteil: Die gerade erst mit dem Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis ausgezeichnete ARD-Korrespondentin Golineh Atai meinte etwa in einer Live-Schalte aus Donezk: "Diese Militäroffensive kommt leider viel zu spät."[25] Wie lassen sich derartige Meinungen im öffentlich-rechtlichen Fernsehen eigentlich rechtfertigen? Die Aussage der Vorzeige-Reporterin macht die höchst wechselhafte Haltung deutscher Top-Journalisten zu militärischer Gewalt erneut deutlich.[26] Wer sich an die einhellige Verurteilung der Polizeigewalt gegen die Maidan-Bewegung erinnert, wird den Eindruck der extremen moralischen Biegsamkeit so mancher Journalisten nicht los.
Ähnliches gilt für den Tod zahlreicher Regierungsgegner in Odessa. Grundsätzlich ist es absolut zu begrüßen, dass sich Medien vorsichtig über Täter und Tathergänge äußern, solange noch wenig bekannt ist. Jedoch macht die gefühlte Nachrichtensperre über den Brand mehr als nachdenklich. Vergleichsweise wenige Artikel setzen sich mit den Geschehnissen auseinander. Wenn, dann wird verklausuliert und rumgeeiert.[27] Kaum ein Journalist verurteilt die auf zahlreichen Videos[28] vom Tatort zu sehenden Hooligans und Nationalisten.[29]
Odessa und Mariupol: In beiden südukrainischen Städten töteten nationalistische Hooligans bzw. Soldaten zahlreiche Regierungsgegner. Für deutsche Medien waren die Opfer konsequent pro-russische Kräfte. Bilder: Aus YouTube-Videos vom4. Mai (links) und 9. Mai (rechts).

Schwere handwerkliche Fehler

Moralische Doppelstandards sind das eine – berufsethische Verfehlungen das andere. Quasi wöchentlich treten neue grobe handwerkliche Fehlleistungen deutscher Medien im Ukraine-Konflikt zu Tage. Aktuellste Beispiele für das kollektive Recherche-Versagen sind die Waffen der "Separatisten", das Wiener Dokument, völkerrechtliche Streitpunkte und auch das Ignorieren des westlichen Wirtschaftskrieges gegen Russland.
Wo sind die Waffenexperten, die aufklären könnten, ob die Ausrüstung der Aufständischen tatsächlich nur aus russischen Militärbeständen stammen kann? Wo sind die Völkerrechtler, die das Für und Wider der gegenteiligen Positionen zum Krim-Anschluss darstellen? [30] Wo ist die inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Wiener Dokument und der Abgleich dessen mit dem Vorgehen der Bundeswehr-Soldaten in der Ost-Ukraine? Warum lassen Redaktionen den westlichen Wirtschaftskrieg[31] gegen Russland quasi außen vor? Welche rechtlichen Grundlagen gibt es eigentlich für Sanktionen und Boykotte? Zahlreiche Themengebiete für kritischen Journalismus.
Statt all dieser Fragen besprechen die "Qualitätsmedien" hierzulande Umarmungsfotos von Geburtstagsfeiern, erstellen Putin-Psychogramme und liefern bunte Grafiken zu den Waffenarsenalen der Nato und Russlands. An den Haaren herbeigezogene Szenarien wie ein russischer Angriff auf das nordatlantische Bündnis finden genauso Raum wie Rüstungsaufrufe von Rüstungslobbyisten.
Festzuhalten bleibt: Viele hiesige Journalisten meiden innerukrainische Erklärungen für einen innerukrainischen Konflikt so gut es geht. Gleichzeitig präsentieren sie mit Russland/Putin einen Schuldigen, auf den sie alles abwälzen. Positionen und Sprachregelung westlicher Akteure werden vorschnell übernommen und deren Argumente nur selten auf Stimmigkeit geprüft. Kritisches Nachhaken fällt aus.

Die Permanenz und das breite Auftreten all dieser Missstände seit November 2013 sprechen klar für Vorsatz bei Chefredakteuren, Ressortleitern und Herausgebern deutscher Medien. Genauso klar ist die Konsequenz daraus: Desinformation darf nicht zur Zukunft medialer Konflikt-Berichterstattung werden.

Freitag, 16. Mai 2014

Gastbeitrag: Ziel Moskau

Ziel Moskau

Die USA wollen die Ukraine zu einem permanenten Krisengebiet unterhalb der Kriegsschwelle verwandeln. Rußland wird dadurch bedroht, russophobe osteuropäische Staaten paktieren mit Washington, und Berlin verliert in der Region an Einfluß

Albert Einstein soll gesagt haben: »Wenn ich nur eine Stunde hätte, um ein Problem zu lösen, würde ich die ersten 55 Minuten darauf verwenden, die richtigen Fragen zu stellen. Denn wenn ich erst einmal die richtigen Fragen formuliert habe, könnte ich das Problem in weniger als fünf Minuten lösen.« Bei der Krise in der Ukraine sind die meisten Menschen in einer ähnlichen Situation. Ihnen wird jedoch das Fragen nach den Gründen der Instabilität des Landes durch die »Qualitätsmedien« erschwert, die US- und NATO-Propaganda als Tatsachen verkaufen. So z.B. den angeblichen russischen Völkerrechtsbruch bei der Eingliederung der Krim. Eine Ausnahme ist der konservative Völkerrechtler Reinhard Merkel, der die juristische Seite des Vorgangs in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 7. April herausgearbeitet hat: »Hat Rußland die Krim annektiert? Nein. Waren das Referendum auf der Krim und deren Abspaltung von der Ukraine völkerrechtswidrig? Nein. Waren sie also rechtens? Nein; sie verstießen gegen die ukrainische Verfassung (aber das ist keine Frage des Völkerrechts). Hätte aber Rußland wegen dieser Verfassungswidrigkeit den Beitritt der Krim nicht ablehnen müssen? Nein; die ukrainische Verfassung bindet Rußland nicht.«

Inzwischen hat der »Jahrmarkt der Heuchelei« – wie Dmitri Peskow, Sprecher des russischen Präsidenten Wladimir Putin, die westlichen Beschuldigungen bezeichnet – Massenmorde an Zivilisten in der Ostukraine zur Folge. Die westlichen Moralapostel bleiben ungerührt. Ihre freudige Zustimmung zum Einsatz von gepanzerten Fahrzeugen, Kampfhubschraubern und -flugzeugen durch die prowestliche Putschregierung gegen friedliche Ansammlungen unbewaffneter Zivilisten sagt alles, ebenso ihr eisiges Schweigen zum Massenmord in Odessa, wo die neofaschistischen Täter die Freunde des Westens und die verbrannten und totgeschlagenen Opfer nur »prorussische Separatisten« sind (siehe jW-Schwerpunkt vom 5.5.2014).

Genug mit diesem Theater! Wie sieht es hinter den Kulissen aus? Welche strategischen Interessen haben die Hauptakteure dieses Konflikts?

Strategische Bedeutung …

Gerne wird die Ukraine im Westen als eines der »strategisch bedeutsamsten Territorien der Welt« bezeichnet. Das trifft nur aus der Sicht Rußlands zu, und auch dann nur im Rahmen seiner Defensivstrategie, aber nicht für offensive Welteroberungspläne, die westliche Kriegstreiber Moskau unterstellen. Laut dem privaten US-Nachrichtendienst Stratfor, dessen Mitarbeiter enge Kontakte zu ihren Kollegen in den Geheimdiensten wie Außenministerien der USA und anderer NATO-Länder pflegen, »hat die Ukraine für eine moderne Macht, die keine bösen Absichten gegen Rußland hegt, nur geringen strategischen Wert«. Für eine feindliche Macht stellt die Ukraine jedoch das Einfallstor in das Territorium Rußlands dar und ist somit eine tödliche Bedrohung.

»Wenn also die Deutschen keinen neuen Krieg gegen Rußland planen – und sie tun das nicht – hat die Ukraine wenig Bedeutung für Europa oder die Deutschen«, folgerte der Stratfor-Chef George Friedman in seiner Lageanalyse vom 11. Februar dieses Jahres. Und auf wirtschaftlichem Sektor sei die Ukraine wegen der Energietransportwege für Rußland und Rest­europa gleichermaßen wichtig, vorausgesetzt, beide kooperieren. Darüber hinaus würde eine stärkere Einbindung der Ukraine sowohl für Rußland als auch für Europa nur wirtschaftliche und finanzielle Belastungen bedeuten.

… der Ukraine für Rußland …

Nach der von den USA im Jahr 2004 angestifteten und finanzierten »Orangen Revolution« lief in der Ukraine nicht alles nach Washingtons Plänen. Der Kreml sah darin zu Recht einen unmittelbaren Angriff auf eigene strategische und wirtschaftliche Interessen. Deshalb bot er einerseits dem bankrotten Land günstige Sonderkonditionen und Kredite für russische Energielieferungen und drohte andererseits mit Liefereinstellung bei Nichtbezahlung. Das hinterließ mit der Zeit einen nachhaltigen Eindruck bei den antirussischen Regierungen in Kiew unter dem Präsidenten Wiktor Juschtschenko (2005–2010) und der Ministerpräsidentin Julia Timoschenko (2005 und 2007–2010). Diese machten schließlich aus der ökonomischen Notwendigkeit eine politische Tugend und fanden einen Modus vivendi mit dem Nachbarland – unter Berücksichtigung von dessen strategischen Interessen. Insbesondere ging es dabei um die Verhinderung der Stationierung von NATO- oder US-Raketen in der Ukraine – vor der russischen Haustür.

Zum Leidwesen Washingtons wurde Moskau damals von Berlin und Paris tatkräftig unterstützt. Diese übten einen mäßigenden Einfluß auf die russophoben Kräfte in Kiew aus. Zugleich blockierte Deutschland mit Frankreich resolut die US-Pläne zur Aufnahme der Ukraine in die NATO. Das ging so weit, daß sie bei dieser Frage auf den NATO-Gipfeltreffen 2008 in Bukarest und 2009 in Strasbourg auch vor einem Eklat mit Washington nicht zurückschreckten. Daraufhin wurde 2010 die NATO-Osterweiterung um Ukraine und Georgien auf dem Gipfel in Lissabon für unbestimmte Zeit vertagt. Bei dieser Entscheidung hat sicherlich auch die resolute russische Reaktion auf die brutale militärische Intervention des NATO-Aspiranten Georgien in Südossetien im Sommer 2008 geholfen, die in dem kurzen »Georgien-Krieg« eine erhebliche Verbesserung der Fähigkeiten der russischen Streitkräfte demonstrierte.

Zuletzt aber war es in der Ukraine die Enttäuschung über die spärliche westliche Hilfe, die bei den Wahlen im Jahr 2010 eine relativ Rußland-freundliche Regierung unter Präsident Wiktor Janukowitsch an die Macht brachte. Auch der Westen beanstandete diese Abstimmung damals nicht. Trotzdem wurde das neue Staatsoberhaupt jetzt mit Hilfe des Westens von einem von Neofaschisten angeführten Mob aus dem Amt gejagt. Diesen verfassungswidrigen Akt bejubelten Washington, Brüssel und Berlin gemeinsam.

… für die USA…

Die Geschichte der weltweiten US-Militärinterventionen seit Beginn des 21. Jahrhunderts stellt eine lange Kette von kostspieligen militärischen und politischen Niederlagen dar. Die Lektion daraus ist: Washington kann zwar ganze Länder zerstören und Teile der Bevölkerung töten oder vertreiben. Der Hegemon ist aber unfähig, diese Länder zu befrieden und ihnen sein politisches System aufzudrücken. Das hat dazu beigetragen, daß sich die Stimmung der US-Bürger gedreht hat. Derzeit lehnen fast zwei Drittel von ihnen jegliche militärische Intervention im Ausland ab – auch in der Ukraine. Weniger als ein Fünftel ist dafür. Mit Kriegsgeschrei sollten also bei den bevorstehenden Wahlen keine Stimmen zu gewinnen sein.

Derweil hinterfragen vor dem Hintergrund des anhaltenden ökonomischen Siechtums der Supermacht deren Vasallen weltweit die Entschlossenheit Washingtons, seine Interessen weiterhin militärisch durchzusetzen. Von dieser bisherigen Praxis hängt die Herrschaft und nicht selten auch das Leben dieser US-freundlichen Machthaber ab. Zugleich sorgt sich Washington wegen der zunehmenden globalen Abkehr vom Dollar als Weltwährungsreserve. Das ist der Hauptpfeiler, auf dem die hegemoniale Macht der USA beruht. Zu Beginn der Krise im Jahr 2007 bestanden noch fast 60 Prozent der weltweiten Währungsreserven aus Dollar, heute ist es nur noch knapp ein Drittel.

Vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen ist es Moskau in Europa und im Nahen Osten gelungen, seine Karten erfolgreich auszuspielen. Insbesondere in Bezug auf Iran und Syrien durchkreuzte Rußland, in der Regel unterstützt von China und den anderen BRICS-Staaten, die Hegemonialpläne der USA. Daher wurde der »Unruhestifter« vom Establishment der selbsternannten US-»Ausnahmenation« mehr als zuvor schon als der alte Feind wahrgenommen. Um seinen Status als Hegemon zu bekräftigen, sollte Washington das Land bestrafen und in die Schranken verweisen. Zu diesem Zweck bot sich die Möglichkeit einer erneuten Destabilisierung der Ukraine als ideales Instrument an. Das eröffnete Washington außerdem die Chance, Rußland aus seiner für die Flotte strategisch bedeutsamen Position auf der Krim zu vertreiben.

Eine direkte militärische Intervention der USA in der Ukraine und damit ein Zusammenstoß mit Moskau ist dagegen unwahrscheinlich, wenn auch eine irrationale Zuspitzung der Gegensätze nicht vollkommen ausgeschlossen werden kann. Laut Stratfor scheint derzeit in den USA noch ein Konsens zu herrschen, auch in den anderen Ländern der ehemaligen Sowjetunion nicht militärisch einzugreifen. Rußland ist zwar keine Weltmacht und seine Streitkräfte haben im Vergleich zu denen der USA viele Schwächen, aber es ist mit Abstand das stärkste Land in der Region und auch in der Lage, diese Macht in den ehemaligen Sowjetrepubliken zu demonstrieren, wie der Krieg mit Georgien gezeigt hat.

Auch das US-Militär hat inzwischen viele Schwächen. Mehr als ein Jahrzehnt mit Feldzügen gegen die islamische Welt ist nicht spurlos an ihm vorbeigegangen, und man ist auf einen konventionellen Krieg, wie er gegen Rußland geführt werden müßte, nicht vorbereitet. Zugleich ist die politische Struktur der NATO-Allianz ausgefranst, und die Verbündeten sind für ein US-militärisches Abenteuer gegen Rußland nicht zu gewinnen. Das einzige, was daher im Moment zählt, ist die Bündelung der Kräfte vor Ort. Einer direkten Konfrontation ziehen die USA daher die mit minimalem Risiko verbundene Strategie der prowestlichen Regimewechsel vom Typ der Rosen- oder der Orangenrevolution entlang der russischen Grenzen vor. Denn: Je näher ein Konflikt zwischen den USA und Rußland vor Moskaus Haustür stattfindet, z.B. in der Ukraine, desto größer ist der militärische Vorteil Moskaus, allein schon aus logistischen Gründen.

… und für Deutschland

Anläßlich der Münchener »Sicherheitskonferenz« Anfang des Jahres machten vor internationalem Publikum Bundespräsident Joachim Gauck, Außenminister Frank-Walter Steinmeier und Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen eine Verschiebung der deutschen Sicherheitspolitik deutlich. Sie betonten den Willen der großen Koalition, Deutschlands Durchsetzungsvermögen in der Welt zu stärken, wenn nötig auch mit militärischen Mitteln. Diese Erklärung kam zu einem Zeitpunkt, zu dem sich Berlin bereits seit Monaten mit Unterstützung Frankreichs und der EU in Brüssel auf unverschämteste Weise in die Innenpolitik der Ukraine eingemischt hatte. Mit einem deutsch-ukrainischen Exboxer, der von der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung politisch hochgepäppelt und von der Bundeskanzlerin und ihrem Außenminister hofiert wurde, glaubte man sogar, den nächsten Präsidenten in Kiew ins Amt heben zu können.

Völlig unverständlich war für die meisten Beobachter jedoch, warum die Bundesregierung bereit war, mit ihrem dreisten Auftreten in Kiew nicht nur die manifesten Interessen der deutschen Industrie in Rußland und die eigene Energieversorgung zu gefährden, sondern auch gegen ihre politischen Interessen zu handeln. Wegen der vielversprechenden wirtschaftlichen und politischen Vorteile einer engeren Zusammenarbeit mit dem Kreml hatte sich nämlich Berlin gemeinsam mit Paris seit Jahren innerhalb der EU um eine strategische Partnerschaft mit Rußland bemüht. Diese Pläne waren jedoch immer wieder von den russophoben Staaten des »neuen Europas« mit Unterstützung der USA blockiert worden. Nun schien es plötzlich, als ob Berlin bereit sei, sich wegen der wirtschaftlich maroden und überschuldeten Ukraine dauerhaft mit Rußland zu überwerfen, obwohl es in dem Land weder für die deutsche Wirtschaft noch für die der EU etwas zu gewinnen gibt. Was war da geschehen?

Dieser Vorgang war anfangs auch für Stratfor-Chef Friedman unverständlich. In seiner Lage­analyse wundert er sich, daß Deutschland als »De-facto-Anführer der Europäischen Union« sich mit viel Aufwand in der Ukraine gegen Rußland eingemischt hat, ausgerechnet zu einem Zeitpunkt, »in dem sich das langsame Scheitern des europäischen Projekts abzeichnet, Südeuropa unter enorm hohen Schulden und Arbeitslosenquoten leidet, in Osteuropa die Unsicherheit über den Sinn und die Kosten der Beteiligung am europäischen Bankensystem und an der Währungsunion wächst und die Kluft zwischen Frankreich und Deutschland sich ständig weiter vertieft«. Vor diesem Hintergrund ließe sich Berlins Ukraine-Politik und die der EU nur noch »sehr schwer ergründen«, so Friedman am 11. Februar.

US-Pläne für neue Allianz

Anfang Februar wurde durch ein Handygespräch der Staatssekretärin im US-Außenministerium, Victoria Nuland, der Nebel etwas gelichtet. Es wurde deutlich, daß nicht Deutschland und die EU, wohl aber die USA von Anfang an hinter der Krise in der Ukraine steckten. Mit ihrem »Fuck the EU« unterstrich Nuland nicht nur ihre Verachtung gegenüber der angeblichen Politik der Schwäche Berlins und Brüssels, sondern sie gab auch zu erkennen, in welche Richtung die strategischen Überlegungen der Amerikaner gingen. Dies geschah, als die Europäer angesichts der gefährlichen Zuspitzung der Krise in Kiew sich zu größerer Vorsicht und Mäßigung entschlossen hatten. Dazu gehörte auch, daß Rußland gleichberechtigt in die Lösung der Krise eingebunden werden sollte. Das wiederum widersprach den US-Plänen.

Bereits zwölf Stunden nachdem das Abkommen zwischen Außenminister Steinmeier, seinem französischen Amtskollegen Laurent Fabius, dem polnischen, Radoslaw Sikorski, und dem Vertreter des ukrainischen Präsidenten Janukowitsch sowie dem Abgesandten des russischen Präsidenten, Wladimir Lukin, in Kiew ausgehandelt worden war, hatten die USA mit Hilfe ihrer gewaltbereiten neofaschistischen Sturmtruppen den rechtmäßigen Präsidenten davongejagt und in ihrem Sinne »Nägel mit Köpfen« gemacht. Seitdem bestimmt Washington, wo es in der Ukraine langgeht. Berlin mit seiner Marionette Klitschko und Brüssel sind marginalisiert. Die amerikanischen Schachfiguren, wie »Ministerpräsident« Arseni Jazenjuk, sind an den Schalthebeln der Macht. Dort werden sie von Hunderten CIA-Agenten und sonstigen US-Spezialisten im weiteren militärischen Vorgehen im Osten des Landes beraten, wo große Teile der Bevölkerung mehr Autonomie verlangen und die Putschregierung in Kiew nicht anerkannt wird.

Die in den letzten Tagen und Wochen wiederholten deutschen und europäischen diplomatischen Vorstöße zur Entschärfung des Konflikts, wenigstens mit den Aufständischen im Osten über eine Föderalisierung der Ukraine zu verhandeln – eine Forderung, die auch von Moskau gestellt wird –, sind bei den Amerikanern und ihren Befehlsausführern in Kiew auf taube Ohren gestoßen. Der Grund: Eine Entschärfung oder Lösung des Konflikts liegt nicht im Interesse der USA. Vielmehr hat Washington dank der von der EU mitinitiierten Destabilisierung der Ukraine eine ideale Gelegenheit gefunden, Rußland zu bestrafen und darüber hinaus auch langfristig vor der Haustür des Landes einen Krisenherd zu unterhalten, den die US-Administration nach Belieben befeuern kann, falls sich Moskau in anderen Teilen der Welt ihren Plänen querstellen sollte.

NATO-Staaten nicht zuverlässig

Während einschlägige Kommentare aus Washington voller Häme deutlich machen, daß die Krise in der Ukraine eine Retourkutsche für Moskaus Verhalten in Syrien ist, gehen die strategischen Überlegungen des US-Establishments viel weiter. Jetzt, wo die USA in der Ukraine mehr als nur einen Fuß in der Tür haben, glauben sie, nicht nur Rußland gefügig machen, sondern auch den Einfluß des »alten Europas«, insbesondere den von Deutschland in Osteuropa, untergraben zu können. Zugleich werden Pläne diskutiert, »parallel zur weitgehend unnütz gewordenen NATO«, so das Stratfor-Papier, eine neue, ebenfalls von den USA angeführte Allianz entlang der russischen Grenzen von Estland über Belorus, Ukraine und Teilen des östlichen Mitteleuropas bis nach Zentralasien zu schaffen. »Das Problem ist, daß die NATO keine funktionierende Allianz mehr ist. Sie wurde im Kalten Krieg entwickelt, um eine weit im Westen liegende Grenze zu verteidigen, die heute weit im Osten verläuft. Noch wichtiger war der Konsens aller Mitglieder, daß die Sowjetunion eine existentielle Bedrohung für Westeuropa war«, erklärt Stratfor-Chef Friedman und fährt fort: »Dieser Konsens ist nicht mehr da. Unterschiedliche Länder haben unterschiedliche Auffassungen von Rußland und andere Sorgen. Für sie wäre eine Wiederholung des Kalten Krieges, selbst angesichts der russischen Aktionen in der Ukraine, viel schlimmer als eine Anpassung an Rußland. Darüber hinaus hat das Ende des Kalten Krieges zu einem massiven Rückgang der militärischen Kräfte in Europa geführt. Ohne eine massive und schnelle Aufrüstung fehlt der NATO einfach die Kraft. Wegen der Finanzkrise und aus anderen Gründen wird es jedoch zu keiner Aufrüstung kommen. Außerdem erfordert die NATO Einstimmigkeit im Handeln, und diese ist einfach nicht mehr da.«

Die Staaten entlang der russischen West- und Südgrenze dagegen haben laut Stratfor »ein primäres Interesse, sich russischen Machtansprüchen zu widersetzen«. Dagegen sei der »Rest Europas nicht in Gefahr«, und diese Länder seien auch »nicht bereit, finanzielle und militärische Opfer für die Lösung eines Problems zu bringen, von dem sie glauben, daß man ohne Risiko damit leben könne. Deshalb müsse jede amerikanische Strategie zur Schaffung neuer Strukturen an der russischen Peripherie »die NATO umgehen«. In dieser Region müsse eine neue, von den USA geführte Allianz entstehen, deren Mitglieder – im Unterschied zur NATO – »kein Vetorecht haben«.

Osteuropas Russophobie

Die Europäische Union hat ihren Glanz und somit ihre Anziehungskraft verloren. Bei der Lösung der strukturellen Probleme der Euro-Zone ist man keinen Schritt weiter. Für die schwächeren Länder bedeutet die Mitgliedschaft zunehmend Austerität, hohe Arbeits- und Perspektivlosigkeit für die Massen. Dennoch haben die tonangebenden Kräfte in Deutschland und Frankreich die Träume von ihrer Führerschaft eines wirtschaftlich und politisch geeinten Europas von 500 Millionen Menschen längst nicht aufgegeben. Denn nur so hoffen sie, die seit Jahren beschworene Vision verwirklichen zu können, mit den USA in globalen Angelegenheiten »auf Augenhöhe« umzugehen. Aber auch das wäre ohne gute Beziehungen zu Moskau kaum möglich.

Allerdings wächst die Gefahr, daß das russophobe neue Bürgertum der osteuropäischen Mitgliedsstaaten die Wunschträume der Berliner EU-Anführer – wie schon bei der angestrebten strategischen EU-Partnerschaft mit Rußland – erneut durchkreuzt. Insbesondere im sicherheitspolitischen Bereich liebäugeln die Staaten des »neuen Europas« mit stärkeren bilateralen Beziehungen zu den USA. Sie glauben nämlich nicht, daß die »fett und bequem gewordenen Westeuropäer« zur Verteidigung der Interessen der Osteuropäer einen Konflikt mit Rußland wagen, wohl aber, daß sie notfalls in der NATO ihr Veto einlegen würden.

Den Amerikanern aber trauen sie eine robuste und offensive Vertretung ihrer nationalistischen und russophoben Interessen gegenüber Moskau zu. Das wurde z.B. durch das polnisch-amerikanische Zusammenspiel zur Zurückdrängung des russischen Einflusses in der Ukraine demonstriert. Dazu gehört auch, daß laut US-Staatssekretärin Nuland sich Washington die Destablisierung der Ukraine bereits fünf Milliarden Dollar hat kosten lassen. Dieses Zusammenwirken von Washington und Osteuropa kommt den US-Plänen für eine neue Allianz »an der NATO vorbei« sehr entgegen, und die »alten Europäer« haben gute Gründe, deshalb beunruhigt zu sein.

Beispielhaft für die Position der Osteuropäer war die Warnung des polnischen Präsidenten Bronislaw Komorowski am 10. Mai 2014, der von Deutschland eine entschiedenere Haltung gegenüber Rußland forderte. Sein Land wünsche sich von der Bundesregierung »im Konflikt (in der Ukraine; R. R.) mehr Entschlossenheit«. Er habe »wenig Verständnis für die Art, wie manche in Deutschland heute auf Rußland schauen«. Und es folgte die versteckt Drohung: »Es entsteht der Verdacht, daß manche Politiker in Deutschland einen Weg in der Außenpolitik suchen, der für uns Polen schwer zu akzeptieren ist.« Warschaus ressentimentgesteuerte Außenpolitik wird von nicht überwundenen historischen Traumata bestimmt. Sie steuert geradewegs in einen neuen kalten Krieg. Der wäre für Warschau sogar recht profitabel, denn er würde vor allem dem Frontstaat Polen kräftig politische und wirtschaftliche Münze einspielen.

Berlin und Paris befinden sich dagegen in der Zwickmühle. Einerseits wollen sie ihre guten Beziehungen zu Rußland nicht aufs Spiel setzen, andererseits drohen ihre Ambitionen, als Anführer eines geeinten Europas anerkannt zu werden, zu scheitern, wenn sie nicht resolut genug gegen Moskau vorgehen, um die EU-Osteuropäer zufriedenzustellen. Bisher haben sie einen Spagat versucht: Scharfe politische Rhetorik gegen Rußland einerseits, Sanktionen, die niemandem wehtun, andererseits. Aber diese Politik ist am Ende. Die Osteuropäer haben sie durchschaut und verlangen »mehr Entschlossenheit«, wie Komorowski sich ausdrückt.

Rolle der BRD marginalisiert

Vor dem dargelegten Hintergrund erscheint das Handeln Deutschlands und Frankreichs in der Ukraine in einem anderen Licht. Erneut macht uns Stratfor-Chef Friedman darauf aufmerksam: Im Laufe der Jahre habe sich Deutschland immer weiter an Rußland angenähert, egal ob in wirtschaftlichen oder strategischen Fragen. Keiner der beiden Staaten habe sich »mit den US-Aggressionen im Nahen Osten und Südwestasien komfortabel gefühlt«. Beide Länder seien sich angesichts der europäischen Wirtschaftskrise einig, »die gemeinsamen Wirtschaftsbeziehungen zu vertiefen und den Einfluß der Vereinigten Staaten einzudämmen«. Daher sei die »Klitschko-Initiative« Berlins in der Ukraine, die den Unmut Rußlands herausforderte, einfach »verblüffend« gewesen. Sinn mache das Ganze erst, wenn die bereits erwähnte Erklärung von Gauck, Steinmeier und von der Leyen bei der Münchener »Sicherheitskonferenz« über eine stärkere und selbstbewußtere Rolle Deutschlands in der Welt ganz anders gemeint war, als sie gemeinhin interpretiert wurde.

»Gehört zu dem neuen Selbstbewußtsein der Deutschen etwa, daß sie jetzt planen, die Bemühungen der USA zu konterkarieren?« fragt der Stratfor-Chef. Mit anderen Worten: Wollten Berlin und die EU den US-Plänen in der Ukraine zuvorkommen und die von Washington geschürte und bezahlte Revolte durch eine einvernehmliche Lösung mit Rußland beenden? Die verächtliche Art, mit der die US-Staatssekretärin Nuland in ihrem Handygespräch den deutschen Präsidentschaftskandidaten für Kiew beiseite geschoben hat, deutet auf keine kooperative, wohl aber auf eine angespannte Konkurrenzsituation zwischen Berlin und Washington hin.

Inzwischen ist es Washington gelungen, die Rolle Deutschlands und der EU in der Ukraine zu marginalisieren. Selbst wenn Berlin stärker auf die Forderungen der Polen und anderen Osteuropäer nach mehr Konfrontation gegenüber Moskau eingehen wollte, um sie im von Deutschland zentrierten EU-Raum zu halten, mit der antirussischen Eskalationspolitik der Amerikaner könnte es nicht mithalten. Denn Washington sucht mit Rußland eine Konfrontation knapp unterhalb der Kriegsschwelle. Um dabei mitzumachen, ist trotz Kriegsgeschrei der »Qualitätsmedien« der innenpolitische Widerstand in Deutschland, Frankreich und dem Rest der EU zu groß.


Rainer Rupp schrieb zuletzt auf diesen Seiten am 10.1.2014 über die NSA-Spionage in der BRD. Viele seiner Bücher sind im jW-Shop erhältlich.